Ein persönlicher Weg voller Entscheidungen, Zweifel – und Zuversicht.

Nach der Chemo: Der nächste Schritt

Nach 16 Chemotherapien war es nun so weit – meine Operation stand an. Kaum zu glauben, wie schnell die Zeit vergangen ist. Seit Ende September 2024 war ich nicht mehr arbeiten und die Tage verflogen im Nu. Ich hatte trotzdem immer gut zu tun. Ich wurde zur Hausfrau – wenn auch keine besonders gute. Hausarbeit und Kochen waren ehrlich gesagt nie mein Ding.

Stattdessen steckte ich meine Energie in etwas anderes: in umfangreiche Recherchen rund um Brustkrebs, präventive Ernährung, Therapien und Nahrungsergänzungsmittel. Und nicht zuletzt in die Entscheidung, welche Operationstechnik für mich infrage kommt.

Triple Negativ – und der Gentest

Beim Triple Negativen Brustkrebs empfehlen die Ärzte in der Regel, eine humangenetische Untersuchung durchführen zu lassen. Auch ich wurde darauf hingewiesen – und mein Gentest fiel negativ aus. Das bedeutete, dass ich brusterhaltend operiert werden konnte. Als ich den Anruf aus der Humangenetik in Dortmund erhielt, war ich unglaublich erleichtert und dankbar.

Der Gedanke, dass auch meine Schwester oder meine Nichte ein erhöhtes Risiko tragen könnten, war für mich unerträglich. Ich wollte nach der Diagnose nicht auch noch mit dieser belastenden Nachricht an meine Familie herantreten. Mein Gefühl sagte mir jedoch von Anfang an, dass der Test negativ ausfallen würde – in unserer Familie gibt es schließlich keine bekannten Krebserkrankungen.

Bestrahlung – eine innere Blockade

Der ursprüngliche Plan lautete: brusterhaltende Operation, gefolgt von Bestrahlung. Doch genau dieser Gedanke bereitete mir schon früh starke Bauchschmerzen. Ich hatte viel Negatives über die Bestrahlung gelesen, Videos geschaut und sogar ein Buch dazu verschlungen. Vertrauen in die Schulmedizin? Schwierig. Ich fühlte mich in ein festes Schema gedrängt, als hätte ich keine Wahl.

Trotz Chemotherapie spürte ich, dass ich auch alternative Methoden nutzen möchte, um langfristig gesund zu bleiben. Ich bewundere Menschen, die sich zu 100 % für den alternativen Weg entscheiden – so mutig bin ich aber nicht. Das Gesundheitssystem vermittelt einem schon bei der Diagnose, dass man ohne Chemotherapie keine Chance hätte. Vielleicht nicht immer so direkt, aber manche bekommen es tatsächlich so gesagt. Man fühlt sich ausgeliefert und hat eine Riesen Angst, vor dem was kommt.

Ich spielte also mit dem Gedanken, auf die Bestrahlung zu verzichten. Aber ich gebe zu: Ich hatte Angst. Angst, dass der Krebs zurückkommt – und ich mir dann ewig Vorwürfe machen müsste. Doch sind wir mal ehrlich: Niemand weiß, was wirklich richtig oder falsch ist. Man trifft Entscheidungen und lebt mit den Konsequenzen. Und genau das fällt mir besonders schwer. Aber wie meine liebe Freundin Melli sagen würde: Lexy, denk daran – du kannst morgen auch vom Bus überfahren werden. Und sie hat so Recht. Sie hatte so oft Recht :*

Auf der Suche nach Alternativen

Ich wollte eine Lösung finden, die sich für mich stimmig anfühlt. Deshalb vereinbarte ich einen Termin mit dem Brustzentrum der KEM | Evangelische Kliniken Essen-Mitte (Huyssens-Stiftung). Die Klinik gilt als eine der führenden Einrichtungen für Brustkrebsbehandlung in Deutschland. Schon während meiner Chemotherapie hatte ich immer wieder von anderen Patientinnen gehört, wie zufrieden sie dort waren.

Die Station ist modern, jedes Bett hat einen eigenen Fernseher – und selbst das Krankenhausessen soll dort halbwegs gut sein. Aber viel wichtiger war für mich: Die Klinik hat bereits viele Frauen mit Triple Negativem Brustkrebs erfolgreich behandelt.

Schon zu Beginn meiner Diagnose hatte ich mir einen Termin dort gesichert, um eine Zweitmeinung einzuholen. Da die Behandlung ohnehin nach Leitlinien erfolgt, entschied ich mich später jedoch gegen die lange Anfahrt und macht meine Chemotherapie im nächstgelegenen Krankenhaus in meinem Wohnort. Ich hätte in Essen sogar an einer Studie teilnehmen können, aber mein Gefühl – und eine schicksalhafte Begegnung mit einer Brustkrebs-Überlebenden – haben mich davon abgehalten. Rückblickend war das genau die richtige Entscheidung. Dafür bin ich unglaublich dankbar. Wer sich nach der Diagnose auf die Reise begibt trifft auf viele unglaublich tolle Menschen. Menschen, die einen sehr inspirieren und mit einer unglaublich positiven Art begegnen. So wollte ich auch sein.

Brusterhaltend oder doch Mastektomie?

Nachdem ich die Chemotherapie überstanden hatte, suchte ich erneut das Gespräch in der KEM, um mich über die verschiedenen Operationstechniken zu informieren. Eine brusterhaltende OP – auch BET genannt – hätte kaum sichtbare Narben hinterlassen.

Bei dieser Methode wird nur der Tumor samt kleinem Sicherheitsabstand entfernt, das Ziel ist es, möglichst viel gesundes Brustgewebe zu erhalten. Der Eingriff erfolgt in Vollnarkose und dauert in der Regel ein bis zwei Stunden.

Entscheidung zwischen Bestrahlung oder Mastektomie

Bei der Operation wurde auch untersucht, ob sich Krebszellen bereits in die Lymphknoten unter der Achsel ausgebreitet hatten. Dafür entnahmen die Ärzte sogenannte Wächterlymphknoten, die anschließend genau analysiert wurden – ein wichtiger Schritt, um den Verlauf der Erkrankung besser einschätzen zu können.

Als ich hörte, dass nach der OP eventuell eine Bestrahlung notwendig sei, war ich fertig mit der Welt. Allein der Gedanke daran hat mich total abgeschreckt. Deshalb fragte ich meine Ärztin, ob es Alternativen gibt – und tatsächlich: Es war möglich, durch eine vollständige Entfernung des Brustdrüsengewebes, also durch eine Mastektomie, auf die Bestrahlung zu verzichten.

Nipple-sparing Mastektomie – der Erhalt von Haut und Brustwarze

Ich möchte allen betroffenen Frauen an dieser Stelle Mut machen: Eine Mastektomie bedeutet nicht automatisch, dass die Brust komplett „weg“ ist. In vielen Fällen kann der Hautmantel inklusive Brustwarze erhalten bleiben – vorausgesetzt, dort befindet sich kein Tumorgewebe. Diese Form nennt sich nipple-sparing Mastektomie. Dabei wird das gesamte Brustdrüsengewebe entfernt, aber die äußere Form der Brust bleibt erhalten. Trotz Implantat sieht die Brust, auch dank tropfenförmiger Implantate, natürlich aus.

Die Operation erfolgt unter Vollnarkose und dauert meist zwei bis drei Stunden. Über einen unauffälligen Schnitt – meist in der Unterbrustfalte oder rund um den Warzenhof – wird das Gewebe entfernt. Gleichzeitig findet der Brustaufbau statt, entweder mit einem Implantat oder mit körpereigenem Gewebe.

Als ich von dieser Möglichkeit erfuhr, war für mich klar: Ich werde mich gegen die Bestrahlung entscheiden. Trotzdem wollte ich keine vorschnelle Entscheidung treffen, denn ein Implantat kam für mich eigentlich nicht infrage.

Warum ich kein Implantat wollte

Ich hatte schon viel über Breast Implant Illness gelesen. Und auch wenn das Thema in Schönheitsforen oft klein geredet wird: Diese Implantate geben Mikroplastik an den Körper ab – eine Tatsache, die mich als Krebspatientin besonders beunruhigt hat. Außerdem besteht immer das Risiko, dass der Körper das Implantat abstößt oder sich eine schmerzhafte Kapselfibrose bildet. In ganz seltenen Fällen bildet sich sogar ein neuer Krebs. Eine Bekannte musste nach zwei Jahren erneut operiert werden – das wollte ich vermeiden.

Brustaufbau mit Eigengewebe – meine Wahl

Ich entschied mich für den Brustaufbau mit Eigengewebe. Da ich recht schlank bin, war zunächst nicht klar, ob das bei mir überhaupt möglich ist. Normalerweise wird Gewebe aus dem Unterbauch entnommen. Der Vorteil: eine natürlich wirkende Brust und eine straffere Bauchdecke – quasi ein doppelter Benefit. Doch mit meinen 55 kg war das bei mir nicht machbar.

Die Ärztin prüfte deshalb, ob Gewebe von meinen Oberschenkeln verwendet werden kann. Und obwohl ich mich immer etwas über meine weichen Oberschenkel geärgert hatte, war das nun ein Glücksfall – dort war genug Gewebe vorhanden.

Da das Gewebe noch biopsiert werden musste, bekam ich zunächst ein Implantat eingesetzt. Ich war nicht begeistert, aber eine zweizeitige Operation war die beste Option. Das erste Implantat dient dazu, die Haut nach der Mastektomie zu dehnen und zu erhalten. Später – oft erst nach Monaten – kann es dann durch Eigengewebe ersetzt werden. Diese Methode ist besonders sinnvoll, wenn nach der OP doch noch bestrahlt werden muss oder man sich mehr Zeit für die Entscheidung wünscht. Also akzeptierte ich die Situation und würde die zweite Operation im Winter vornehmen.

Die Aufnahme im Krankenhaus – ein kleiner Kulturschock

Der Tag meiner stationären Aufnahme kam schneller als gedacht. Da ich rund 100 km entfernt wohne und die ersten Untersuchungen schon um 6:30 Uhr morgens geplant waren, durfte ich glücklicherweise bereits am Vorabend anreisen und „einchecken“. Die Station war zwar etwas in die Jahre gekommen – ein vergilbter Röhrenfernseher inklusive – aber dafür hatte ich das Zimmer zunächst für mich allein. Das Bad war allerdings gewöhnungsbedürftig: Eine Gemeinschaftstoilette für vier Frauen, die zwei Zimmer verband. Immerhin: ein kleiner Balkon war vorhanden. Da ich keine hohen Ansprüche habe war das für mich völlig in Ordnung.

Der Blick auf die Folkswang Station, in dessen Genuss ich nicht gekommen bin.

Mein Mann und ich nutzten den Nachmittag noch für einen kleinen Ausflug ins Centro Oberhausen – ein bisschen Ablenkung und eine „Henkersmahlzeit“. Zurück im Krankenhaus gab es sogar noch Abendessen. Ich war positiv überrascht!

Wenn man am 1. Mai schon im Krankenhaus liegen muss, bekommt man wenigstens einen Maikäfer in Form von Schokolade. Diese Geste fand ich unglaublich schön 🙂

Die Operation – ruhiger als gedacht

Am nächsten Morgen ging es früh los. Nach einer kurzen Vorbereitung – Jogginghose, Oropax, kein Make-up – wurde ich in das Brustzentrum gebracht. Dort sollte auch der gutartige Knoten aus meiner rechten Brust entfernt werden. Da er direkt hinter der Brustwarze lag, wurde er mit einem Draht markiert. Klingt unangenehmer als es war – das Einstechen war wegen meines festen Gewebes zwar etwas mühsam, aber erträglich.

Anschließend bekam ich zwei Kompressions-BHs und zwei Stuttgarter Gürtel von einer sehr lieben Mitarbeiterin der Firma Anita – an dieser Stelle ein großes Lob an das gesamte Team des KEM! Ich fühlte mich wirklich gut betreut.

Kurz darauf kam die Nachricht: Ich werde gleich schon operiert. Die Reihenfolge der OP wurde getauscht. Also rein ins OP-Hemd und ab ins Bett. Selten war ich so ruhig vor einer OP – sogar die Anästhesisten waren überrascht. Sonst war ich so nervös, dass ich vor der Narkose oft weinte. Diesmal nicht. Und zack – weg war ich.

Bequem ist was anderes. Mein sexy Kompressions-BH und Stuttgarter Gürtel.

Nach der OP – Schmerzen? Keine!

Ich wachte schmerzfrei auf – ein Segen! Es ging mir erstaunlich gut. Ich konnte direkt etwas essen (Nudeln mit Gemüse!) und schrieb meinen Liebsten, dass alles gut verlaufen war. Mein Mann kam später mit einer leckeren Bowl – und auch die habe ich verschlungen.

Am Abend wurde mir der Kompressions-BH angelegt – nicht gerade bequem, aber notwendig. Zwei Tage später folgte der Stuttgarter Gurt. Er sorgt dafür, dass das Implantat nach unten in seine endgültige Position gedrückt wird.

Die Zeit im Krankenhaus – neue Freundschaft, neue Perspektiven

Die Nächte waren unruhig, vor allem wegen der Rückenlage. Am schlimmsten: die Rückenschmerzen am Morgen. Ich hatte insgesamt drei Drainagen – zwei für die linke Brust und eine für die rechte. Die Drainagen helfen, Blut und Wundflüssigkeit abzuleiten, um Infektionen zu vermeiden. Man darf meist dann nach Hause, wenn weniger als 30 ml Flüssigkeit pro Tag abfließen.

Leider wurde mein Arm etwas dick, was aber völlig normal ist. Es wurden drei Lymphknoten entfernt und die Lymphe musste erstmal einen neuen Weg finden um abzufließen. Die Schwellung ist durch Hochlegen des Arms mit der Zeit aber besser geworden.

Im Park des Krankenhauses findet man überall kleine Tafeln mit Sprüchen. Dieser gefiel mir besonders gut.
Der linke Arm mit den drei entnommenen Lymphknoten ist angeschwollen. Schmerzen hatte ich aber keine.

Mit meiner Zimmernachbarin Angela – die ich schon im Wartezimmer kennengelernt hatte – hatte ich sofort einen Draht. Wir verstanden uns auf Anhieb und hatten trotz der Umstände viele schöne Gespräche und viel zu lachen. Wir beschlossen sogar, unsere zweite OP gemeinsam zu planen. Sie hatte ihren Tumor in der rechten Brust. Sie sagte mir, dass die Größe ihrer Brüste mit Gewichtsschwankungen auch kleiner bzw. größer wird. Und so wollte sie wahrscheinlich die andere Brust mit angleichen. Hier kann man wiederum froh sein in Deutschland zu leben. Die Krankenkasse bezahlt solch eine Angleichung.

Vitamin D tanken geht auch im Krankenhaus! Und die anderen Patienten beobachten genauso ;D

Den 29. April werde ich nie vergessen.
An diesem Tag hatte ich meinen Kontrolltermin im Brustzentrum – der Moment, auf den ich so lange gewartet hatte. Endlich sollte ich erfahren, ob ich krebsfrei bin. Ich hatte mir das Ergebnis immer wieder visualisiert, mir Mut gemacht, es mir manifestiert. Doch als der Tag kam, war die Anspannung kaum auszuhalten.

Dann öffnete sich die Tür zur Visite, und ein junger Arzt trat ein – derselbe, der schon beim Anzeichnen meiner Brust dabei war. Er schaute mich an und sagte direkt: „Ich möchte Sie nicht lange auf die Folter spannen.“ Und dann kam der Satz, der mir die Luft zum Atmen zurückgab: Weder in den drei entnommenen Lymphknoten noch im Gewebe konnten Tumorzellen nachgewiesen werden. Sie sind krebsfrei!

In dem Moment fiel eine riesige Last von mir ab. Ich fing an zu weinen – Tränen der Erleichterung und pure Freude.

Auch Angela erhielt an diesem Tag dieselbe gute Nachricht. Gemeinsam feierten wir unseren „zweiten Geburtstag“ mit einem Smoothie, den sie mit frischem Obst dekorierte. So typisch für sie – einfach eine wunderbar verrückte Nudel. Den restlichen Tag lief ich mit einem Grinsen im Gesicht durch das Krankenhaus und konnte mein Glück kaum fassen.

Angelas Geburtstags-Cocktails. Selbstverständlich alkoholfrei & mit viel Liebe dekoriert 🙂

Fazit – meine Erfahrung mit der Mastektomie und dem Brustaufbau

Trotz der alten Station, der fremden Umgebung und der vielen medizinischen Herausforderungen: Ich habe mich im KEM gut aufgehoben gefühlt. Das Pflegepersonal war freundlich, hilfsbereit und stets zur Stelle. Und am Ende des Flurs gab es sogar einen Aufenthaltsraum mit Kaffee-Vollautomat – manchmal sogar mit Obst. Was will man mehr? Man muss keine Angst mehr haben, wenn man eine Mastektomie machen muss. Natürlich habe ich unterhalb meiner Brust eine kleine Narbe, aber ich persönlich kann sehr gut damit leben. Es gibt viele verschiedene Optionen, auch bei Krebs. Ich möchte allen Krebspatientinnen die Angst nehmen. Ihr schafft das & ganz wichtig: Ihr werdet gesund sein und bleiben 🙂

Deine Lexy <3